PBDW 2-2021

34 16 INHALT März/April 2021 34 DIE KRAFT DER WAHRHEIT Wir leben in einer Welt voller Lügen. Unsere Autorin macht da nicht mehr mit. Sie ist jetzt (fast) immer ehrlich 42 TRICKKISTE GEHIRN Illusionist Victor Mids zeigt acht seiner liebsten Sinnes- täuschungen und erklärt auch gleich, was dahintersteckt COACHING-KARTEN Extra 1 SUCHEN SIE SCHÖNHEIT IN IHREM UMFELD 15 Ideen, mit denen Sie Abwechslung in Ihren Alltag bringen 16 SCHLUSS MIT DEM REDEFLUSS Was tun, wenn Ihr Gegenüber ohne Punkt und Komma redet? Tipps, wie Sie einen Talkaholic stoppen. Plus: Testen Sie, ob Sie womöglich selbst einer sind 24 ZSUZSA BÁNK Die Bestsellerautorin über Humor als hilfreiche Lebens- haltung, die ewige Zwickmühle, in der sie lebt – und wofür sie ihre ungarischen Tanten bewundert 30 RAUS AUS DEM TROTT Alltägliche Routinen einmal ganz anders anzugehen hält den Kopf fit – und muss gar nicht kompliziert sein, wie unsere Extra-Karten zeigen 4 PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021

51 Dossier 63 s e g a m I y t t e G 51 DIGITAL DETOX Es gibt sie wirklich: Teenager, die kein Smartphone haben. Fünf von ihnen erzählen, wie gut sie ohne leben 63 LIEBE FÜR FORTGESCHRITTENE Wie gelingt es, den anderen so zu akzeptieren, wie er ist? Ein großes Dossier mit Tipps, Übungen und einem Test 80 „ES KOMMT IN ALLEN MILIEUS VOR“ Psychologin Iva Bicanic über Kindesmissbrauch – und warum viele Betroffene so lange schweigen 84 PARTYDROGEN ALS THERAPIE Mit psychedelischen Mitteln gegen Depressionen? Neue Studien liefern vielversprechende Ergebnisse 90 „ICH DACHTE, ICH MÜSSTE STERBEN“ Bart Zeilstra legte eine steile Karriere als Rapper Baas B hin – bis er mit einem Burn-out auf der Bühne zusammenbrach In jeder Ausgabe 6 Editorial 8 Dürfen wir vorstellen? Mitwirkende 10 Das Leben in Zahlen Darf ich auch mal etwas sagen? 12 Gut zu wissen Neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft 40 Beratung „Wie löse ich mich von meiner Mutter?“ 50 Sandra Konrad Die Widerhaken der Kindheit 58 Bücher 62 Spiegelbiest 76 Positive Erziehung Experte Steven Pont zum Thema: Wütende Kinder 89 Vorschau 96 Impressum 98 Meine Kindheit und ich Komikerin Käthe Lachmann PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021 5 , t s r o h d n W a d n i i l l o R / d n a e g n E n a v n e i r t a K , y s k c o t S : s o t o F / / l ) s e d o M R 2 ( s o o R : l e d o M , l n e s E n e d n a v c i r E : o t o F R E V O C

E X T R A K A R T E N ARTEN, IHR GEHIRN IN SCHWUNG ZU BRINGEN Alltägliche Routinen einmal ganz anders anzugehen hält den Kopf fit – und muss gar nicht kompliziert sein, wie unsere Brainbooster-Karten zeigen, die diesem Heft als Extra beiliegen 1 SUCHEN SIE SCHÖNHEIT IN IHREM UMFELD DAS VERGANGENE JAHR HAT UNSER ALLER LEBEN GEHÖRIG DURCHEINANDERGEWIRBELT. Plötzlich war nichts mehr selbstverständlich. Gerade noch handelten wir nach Schema F – aufstehen, die Kinder in die Schule bringen, die Zeitung im Zug durchblättern, ein kurzer Schwatz am Kaffeeautomaten –, und am nächsten Tag hock- ten wir im Pyjama zu Hause und hatten ein Video-Meeting, während wir versuchten, die Kinder an ihre Hausaufgaben zu kriegen. Nein, langweilig war (und ist) es gewiss nicht in den meisten Haushalten. Obwohl der Anlass natürlich dramatisch ist – für unser Gehirn ist es sehr gut, alltägliche Routinen zu PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021 31

Instagram. Dafür bin ich durchaus an- fällig. Aber ich möchte nicht plötzlich 80 sein und merken, dass ich meine Jugend vor allem damit zugebracht habe, auf ein Display zu starren und zu sehen, wie andere Leute ihr ‚perfek tes‘ Leben führen! Whatsapp ist eigent- lich auch totaler Fake: Ein lachender Smiley oder ein ‚Haha‘ ist schnell verschickt, auch wenn‘s wenig zu la- chen gibt. Warum sollte ich mich für meine Emotionen schämen? Nie- mand ist rund um die Uhr fröhlich. Ich fühle mich nicht einsam, wenn FreundInnen mit ihrem Handy be- schäftigt sind, aber ich sage dann schon mal lachend: ‚Nun leg das doch mal weg und sei nicht so unge- sellig!‘ Und das machen sie dann auch. Leute reagieren erstaunt, wenn ich mein Telefon zum Vorschein hole. ‚Wow, ist das echt dein Handy? Wie- so hast du so ein uraltes Teil?‘ An- schließend geben sie dann zu, selbst auch weniger mit ihrem Handy be- schäftigt sein zu wollen. Der Vorteil von meinem steinalten Ding ist, dass ich es schon hundertmal habe fallen lassen und es noch immer einwand- frei funktioniert.“ FLEUR LAUSCHER (17) hatte ein Smartphone, das sie nutzte, um Whatsapp-Nachrichten zu verschi- cken und zu telefonieren, mehr nicht. In der fünften Klasse ging es kaputt, danach entschied sie sich für ein einfaches Nokia. Meine Mutter wollte, dass ich ein Handy habe: ‚Was, wenn etwas passiert?!‘ Ich hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber nun gut. Ein Smartphone wollte ich erst recht nicht. Ich bin nicht gegen Han- dys, das nicht. Ich verstehe sehr gut, warum andere gern eins haben wol- len. Es ist superpraktisch, um schnell Informationen zu finden und auszu- tauschen und um Kontakte zu unter- halten. Aber ich will nicht, dass ein Handy mein Leben wird, dass es ein Teil von mir wird. Ich finde es einfach Verschwendung, sechs Stunden am Tag zu scrollen und mir zu überlegen, wem ich noch eine Nachricht schicken soll, während ich genauso gut im echten Leben mit jemandem sprechen kann. Sich in die Augen zu schauen, das fühlt sich für mich besser an. Viele Apps wollen ihre NutzerInnen allmäh- lich süchtig machen, wie zum Beispiel „SICH IN DIE AUGEN ZU SCHAUEN FÜHLT SICH FÜR MICH BESSER AN“ 54 PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021

D I G I TA L D E T O X „WENN ICH SPÄTER ILLUSTRATOR WERDE, BRAUCHE ICH KEIN SMARTPHONE “ ROWAN TEN HAVE (13) geht zur Gesamtschule und braucht kein Handy. Jeden Tag sehe ich überall Kinder, die auf ihre Displays starren. Viele werden mit Nachrichten völlig zugespamt. Manchmal schaue ich mit, und dann sehe ich, dass sie auf Whatsapp min- destens 100 Mal ein ‚Guten Morgen‘ reinkriegen, mit diesen Emojis oder Stickern dazu. Ich brauche das nicht und habe auch nicht das Gefühl, et- was zu verpassen. Es gibt wirklich ge- nügend andere Sachen zu tun. Ich mag Lesen und Gamen, mache Aiki- do und spiele gern mit Freunden draußen. Ich glaube, die meisten Kinder sind in den sozialen Medien aktiv, aber ich zum Glück nicht. Weil der Daten- schutz oft verletzt wird, kann das ganz schön gefährlich sein. Ich habe Mit- schüler und Mitschülerinnen, die ein- fach alles Mögliche anklicken, ohne zu wissen, was mit ihren Daten ge- schieht. Wie könnt ihr das nur tun?, denke ich dann. Manche Kinder wundern sich darü- ber, dass ich kein Handy habe. ‚Wann bekommst du endlich eins?‘ Inzwi- schen wissen sie, dass ich eins haben dürfte, aber keins will. Erst haben sie versucht, mich zu überreden, aber das hat jetzt fast aufgehört. Vielleicht schaffe ich mir später ein Handy an, aber ich will Schriftsteller oder Illustrator werden, und ich glau- be, dann braucht man das nicht wirk- lich. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Smartphone süchtig macht, weil man die ganze Zeit alles Mögliche nachschlagen will und lauter Apps herunterlädt, die einem nichts brin- gen. In den Pausen schaue ich mir manchmal mit Freunden Filme auf ihren Handys an oder wir spielen Ma- gic. Wenn ich dazu keine Lust habe, lese ich einen Comic, oder ich mache nichts; die Pause ist doch immer ganz schnell wieder vorbei. Ich glaube, ich bin entspannter, weil ich nicht immer die ganze Zeit Nachrichten bekomme und verschicke. Zu Hause sitze ich schon mal am Computer, aber nicht jeden Tag und nicht mehr als zehn Stunden die Woche. Manchmal frage ich meine Mutter, ob ich einen Freund mit ihrem Handy anrufen darf: Nur kurz, um etwas zu verabreden.“ PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021 55

BASIS-TEST Akzeptieren Sie einander so, wie Sie sind? Geben Sie hinter jeder Aussage an, ob sie auf Ihre Beziehung zutrifft oder nicht. Bitten Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin, den Test ebenfalls zu machen, und besprechen Sie anschließend Ihre Antworten miteinander FÜR BEIDE Ich wünschte, mein Partner* würde die Aktivitäten, die mir gefallen, mehr mögen. Ich habe das Gefühl, dass es eine Kluft zwischen mir und meinem Partner gibt. Ich versuche manchmal, meinen Partner zu ändern. Ich kann auf kleine Dinge, die mein Partner tut, recht kritisch reagieren. Ich möchte, dass mein Partner bestimmte kleine Gewohnheiten ändert. Ich wünschte, mein Partner würde sich in wichtigen Punkten ändern. Mein Partner und ich versuchen oft, einander die eigene Meinung aufzudrängen. Besonders, wenn wir zusammen sind, kritisiere ich meinen Partner manchmal. Ich spreche gern mit meinem Partner über meine Gefühle. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Ich sage meinem Partner oft, dass ich ihn/sie liebe. 11. Mein Partner und ich versuchen uns gegenseitig zu unterstützen, komme, was wolle. 12. Mein Partner und ich lernen gern gemeinsam etwas Neues. 13. Wenn mein Partner oder ich ein Problem hat/habe, bitten wir uns gegenseitig um Rat. 14. Die Geselligkeit meines Partners trägt etwas Positives zu unserer Beziehung bei. 15. Mein Partner und ich finden es wichtig, unsere Liebe zu zeigen. 16. Mein Partner und ich vermissen uns, wenn wir nicht zusammen sind. 17. Ich zeige meinem Partner meine wahren Gefühle. 18. Wenn ich Probleme mit meinem Partner bespreche, führt das selten zu Streit. 19. Normalerweise versuche ich, meinem Partner meine gesamte Aufmerksamkeit zu schenken, wenn er/sie mit mir spricht. 20. Wenn wir uns nicht einig sind, versuchen wir, durch ein entspanntes Gespräch eine Lösung zu finden. 21. Ich kann meinem Partner alles sagen, was ich will. 22. Meinungsverschiedenheiten führen bei uns selten zu Schimpfkanonaden. 23. Ich nehme mir fast immer die Zeit, meinem Partner zuzuhören. 24. Mein Partner und ich sprechen oft über persönliche Dinge. * Gemeint ist immer mein Partner oder meine Partnerin, was wir aus Platzgründen an dieser Stelle leider nicht ausschreiben können. Partner 1 Partner 2 Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Ja Nein Ja Nein Ja Ja Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Nein Ja Ja Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Nein ERGEBNIS Dieser Beziehungstest misst die drei Elemente einer Beziehung, die die Schwerpunkte der IBCT bilden: Akzeptanz und Toleranz, positive Erfahrungen und Qualität der Kommunikation. Akzeptanz und Toleranz Addieren Sie Ihre Punkte bei den Aussagen 1 bis 8, wobei jedes „Nein“ für 1 Punkt steht und jedes „Ja“ für 0 Punkte. Positive Erfahrungen Addieren Sie Ihre Punkte bei den Aussagen 9 bis 16, wobei jedes „Ja“ für 1 Punkt steht und jedes „Nein“ für 0 Punkte. Qualität der Kommunikation Addieren Sie Ihre Punkte bei den Aussagen 17 bis 24, wobei jedes „Ja“ für 1 Punkt steht und jedes „Nein“ für 0 Punkte. Ergebnis Partner 1: Ergebnis Partner 2: Ergebnis Partner 1: Ergebnis Partner 2: Ergebnis Partner 1: Ergebnis Partner 2: Je höher Ihre Punktzahl, desto bes- ser gehen Sie mit Unterschieden zwi- schen Ihnen um. (7–8 = hoch, 4–6 = durchschnittlich, 0–3 = niedrig) Je höher die Punktzahl, desto mehr positive Erfahrungen machen Sie in Ihrer Beziehung. (8 = hoch, 4–7 = durchschnittlich, 0–3 = niedrig) Je höher Ihre Punktzahl, desto bes- ser ist Ihre Kommunikation. (8 = hoch, 5–7 = durchschnittlich, 0–4 = niedrig) 68 PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021

Ich dachte wirklich, ich würde sterben Ein Burn-out schien der Musikkarriere von Bart Zeilstra alias Baas B ein Ende zu bereiten. Er trat nicht mehr auf, setzte sein Psychologiestudium fort und arbeitete als Therapeut. Von einem, der sich neu erfinden musste A m Anfang unserer Erfolgs- geschichte fand ich alles groß- artig. Ich kannte Frans, seit ich ein Baby war. Mit 15 hatten wir begonnen, Rap zu hören. Amerikani- schen Rap wie Snoop Dogg und Dr. Dre, aber auch Rap von Osdorp Posse und Extince. Das können wir auch, dachten wir. Wir ﬁngen mit ein biss- chen Freestylen an und machten Auf- nahmen. Ab Tag eins hatte ich so ein Gefühl von: Ich bin Baas B. Das B steht für Beats. Ich wollte diese Musik machen. Und so kam es auch. Lange Frans und ich schrieben beide unsere eigenen Texte, ich machte die Beats. Im Sommer 2004, ich war damals 22, erschien unser erstes Album: Supervisie. Darauf war auch Moppie, das auf Platz drei in den Top 40 landete. Jah- relang hatten wir auf diesen Moment hingearbeitet. Wir waren überzeugt von unserer Musik, und endlich beka- men wir Anerkennung. Das habe ich wirklich genossen. Aber es war auch der Anfang der Achterbahnfahrt. Un- ser Agent knallte uns total zu. Dorf- feste, Diskotheken, manchmal vier, fünf Auftritte an einem Tag. Im Nach- hinein betrachtet hätten wir das selbst besser regulieren müssen, aber wir machten uns keine Gedanken darum. 90 PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MÄRZ/APRIL 2021